derLachwitz
Mit Endzeit hast du gerade einen apokalyptischen Zombie-Comic veröffentlicht. Stand für dich von Anfang an fest, dass du etwas mit Zombies machen wolltest, oder gab es auch andere Überlegungen? Was macht gerade dieses Thema für dich aus?
Olivia Vieweg
Bei Comics lese ich zwar nicht bevorzugt apokalyptische Sachen, aber bei Filmen ist das für mich schon eher ein Grund mal ins Kino zu gehen, als für irgendeine amerikanische Highschool-Komödie. Da kann ich mir relativ sicher sein, dass es mich auf Trab hält und nicht langweilt.
Die Zombies standen für mich von Anfang an fest. Es war einfach eine spontane Idee, die aus einer Szene herausgekommen ist. Unterwegs hält der Zug auf freier Strecke und in der Ferne war ein Hügel mit einer Hütte zu sehen. Und die Idee war: was wäre wenn jetzt eine Horde Zombies über den Hügel gerannt kommt?
Die Szene ist auch genau so im Comic drin. Ich dachte, der Zug, die Sache mit dem Ausgeliefertsein: das ist für sich schon eine coole Idee. So hat sich das im Grunde nach und nach entwickelt.
derLachwitz
In der Geschichte fährt der Zug ja automatisiert, komplett ohne Personal. Da kann man schon auf den Gedanken einer automatisierten Schlachtplatte für Zombies kommen.
Olivia Vieweg
Solche Züge gibt es ja wirklich. In Los Angeles habe ich das das erste Mal erlebt. Das ist schon befremdlich, einfach in den Zug zu steigen, der automatisch den Berg hochfährt und es ist niemand da, der irgendwas retten könnte, wenn irgendwas passiert. Die Leute, die in irgendwelchen Kontrollhäusern sitzen, die sind dann erst später zur Stelle, wenn irgendwas passiert.
Und dieses Gefühl der Unsicherheit wollte ich halt mit rüber bringen durch diesen Zug.
derLachwitz
Das Thema der technikabhängigen Gesellschaft wird im Zombiegenre ja öfter thematisiert. Kein Strom, kein Gas, kein Licht. In diesem Fall hast du es auf ein sehr banales Beispiel aus dem Alltag projeziert, fast schon simplifiziert.
Olivia Vieweg
Es ist ja auch nicht so viel Platz. 70 Seiten Comic klingt erst einmal viel, aber letztendlich ist es von der Länge her, wie der Anfang einer größeren Geschichte. Ein Comic braucht nun mal deutlich mehr Platz um lange Geschichten zu erzählen. Die Reduzierung hat also auch einfach mit dem Platz zu tun.
derLachwitz
Der bisherige Eindruck entspricht aber schon einer Geschichte normalen Umfangs. Man hat das Gefühl, dass einiges passiert, zwar nicht immer sichtbar, aber auf emotionaler Ebene. Kam die Seitenvorgabe eigentlich vom Verlag oder war das ein Limit, das du dir selbst gesetzt hast?
Olivia Vieweg
Dann hab ich mein Ziel erreicht, denn genau das war der Gedanke. Wie als ob man einen guten Film sehen würde. Das ist glaube ich das Gefühl, das ich am liebsten vermitteln würde, wenn ich die Comics zeichne.
Endzeit war meine Diplomarbeit, die ich für die Uni gemacht habe. Das heißt, ich hatte vier Monate Zeit das zu zeichnen, und da habe ich einfach versucht realistisch zu überlegen wie viel Seiten ich schaffen kann. Das war dann so ungefähr dieser Umfang. Ich hätte auch das Doppelte machen können, das hätte ich dann nur in dieser Zeit nicht geschafft.
derLachwitz
Auffallend sind die Unterschiede in deinen Figuren. Sie besitzen anfänglich sehr unterschiedliche Sichtweisen auf die Welt um sie herum und haben auch ganz eigene Arten damit fertig zu werden.
Olivia Vieweg
Der Gedanke war, dass eine die Passive ist, die das Leben nicht anpackt, oder die mit der Katastrophe nicht klargekommen ist. Die andere ist einfach die, die sagt „He, wir leben noch.“ und macht das beste draus.
Nun ist es auch so, dass beide auf ihrer kurzen Reise, die sie da machen, ihre Ansichten auch überdenken müssen oder vielleicht auch ihre Einstellungen ändern müssen.
Das war der kleine feine Hintergedanke, dass die Figuren sich im Laufe der Geschichte auch ein bisschen ändern können. Normalerweise nehme ich lieber aktive Figuren als Hauptfiguren, aber diesmal habe ich eine eher passive genommen.