The Legend of Lindsey

Lindsey Stirling ist derzeit auf Europa-Tour und war am 16. Januar auch in Groningen. Nachdem Köln und Hamburg sehr schnell ausverkauft waren, war dies die letzte Gelegenheit für mich die kleine Hüpfdohle endlich einmal live zu erleben. Aber bevor ich mehr davon erzähle, muss ich noch kurz etwas erledigen.

Ratio, raus mit dir!“
Aber, aber… warum denn?“
Warum wohl? Konzertbericht? Lindsey, Zelda-Medley, Nerdgirl?“
„Und!?“
„Boah raus mit dir! Geh mit Destress ne Runde Schach spielen oder so, ich kann dich jetzt echt nicht brauchen.“

Immer dieses unreflektierende Fanboygetue, w-i-d-e-r-l-i-c-h!“

Erwartet also bitte keinen objektiven Bericht, ich geb mir dafür Mühe nicht in jedem zweiten Satz auf meinem eigenen Speichelfluss auszurutschen. Deal?

Während die in Orange County, Kalifornien, geborene Lindsey Stirling in den USA schon durch ihre Auftritte in America’s Got Talent 2010 einem größeren Publikum bekannt geworden ist, ist sie für Europäer erst später ein Begriff geworden. Mit ein Grund dafür dürften neben ihrem Talent wohl besonders das Zelda- und Skyrim-Medley gewesen sein, deren Videos über so ziemlich jede Gaming-Webseite wanderten. Auch ich bin erst durch das Zelda-Video auf sie aufmerksam geworden und war seitdem kurzerhand begeistert, was aber neben der fantastischen Musik und Tanzperformance auch an der handwerklichen Qualität des Videos begründet war.

Mit Devin Graham hat Lindsey jemanden gefunden, der ihre Performance in frischen und zu ihrer Musik passenden Kamerafahrten einfangen kann. Wer Lindseys Musik noch nicht kennt, schaue sich am besten eines der hier verlinkten Videos an. Pop-Electrorock-Violinistin trifft es wohl sehr gut, dazu eine Tanzperformance die entweder nur konsterniertes Kopfschütteln oder faszinierte Begeisterung auslösen. Ja, man hat mich schon beobachtet, wie ich gelegentlich schon bei der Nennung ihres Namens ähnlich energisch, aber weit weniger graziös wie Madame Stirling durch die WG-Küche hoppel (sieht dann eher so aus…). Also bitte keine Fragen in welche Kategorie ich falle… Ganz genau kann man ihren musikalischen Stil nicht abgrenzen, dazu experimentiert sie zu viel und hat zu viel Energie im Blut, die sie immer wieder in neue Richtungen treibt. Neben oben Genanntem sind auch Hip Hop und Dubstep inzwischen regelmäßige Bestandteile ihrer Songs.Die Frau hat dabei einen erstaunlichen Output und stellt im Schnitt mindestens ein neues Musikvideo pro Monat online, zusätzlich zu diversen Backstage- und Spezialaktionen (Gerüchteweise soll sie vor dem Konzert wieder als ihr eigener größter Fan durch Groningen getingelt sein um Zuschauer anzulocken).

Neben ihren eigenen Songs, die inzwischen fast vollständig auf einer CD erschienen sind, produziert sie auch viele Medleys, bevorzugt zu Videospielen, aber auch zu Film und TV-Serien. Für mich kommen zwar weder ihr Medley zu Assassin’s Creed III und Game of Thrones an Zelda oder Skyrim ran, geschweige denn von ihren ganz eigenen Stücken, aber die Begeisterung und der Ideenreichtum, mit dem sie an diese Themen geht, ist wirklich bewundernswert. In einer angenehm lockeren Question&Answer-Runde vor dem Groninger Konzert (anders als in Köln gab es hier nur ca. 30 VIP-Gäste, was für eine ausgesprochen ungezwungene Atmosphäre sorgte), betonte sie auch, wie wichtig die Einflüsse aus den Kollaborationen mit anderen Künstlern (u.A. Piano Guys, Peter Hollens, Megan Nicole…) für sie sind. Peter Hollens hatte passend dazu während der Show dann auch einen virtuellen Auftritt über eine übergroße Leinwandpräsentation, während Lindsey das Skyrim-Theme quasi zusammen mit ihm performte.

Als Vorband trat Stevens McKay auf, und hatte die zweifelhafte Ehre das Publikum vor Lindseys Auftritt anzuheizen. Als Akustik-Gitarren-Solokünstler singt, klampft und tanzt er sich dabei wahrlich die Seele aus dem Leib. Es bleibt neben einer schlichten aber kräftigen Feel-Good-Energie am Ende der Eindruck, dass der Mann sich womöglich doch nach einer Elektrischen Klampfe sehnen könnte. Zurück zu Lindsey. Was soll ich groß sagen? Die Halle war nahezu ausverkauft und nach einem pompösen Auftakt mit Moon Trance, der dem Epos eines Hans Zimmers kaum nachstand, gings mal lauter, mal sanfter weiter. Gespielt wurden sowohl ihre eigenen Songs als auch einige ihrer Interpretationen bekannter Songs (u.A. Lord of The Rings, Phantom of the Opera, Micheal-Jackson-Tribute….) inkl. einer stürmischen, Beifall auslösenden Zugabe.

Für einen Ticketpreis von ca. 14€ (VIP ca. 70€) bekommt man insgesamt etwas mehr als eine Stunde Lindsey, eine Stunde Vorband und damit ein wirklich sehr faires Angebot. Betonen sollte man, dass Lindsey wirklich sichtbar alles gab bei ihrer Performance… und dabei auch unfreiwillig Kostümaccesoires im Publikum verteilte… gab keine Verletzten). Im Sommer ist schon die nächste Tour nach Europa geplant, so dass also kein Grund zur Trauer besteht, wenn man für die jetzige Tour kein Ticket bekommen hat. Ich kann ihren Youtube-Channel fast uneingeschränkt jedem ans Herz legen. Zwischen absolut überdrehtem Nerdhaftem finden sich auch ungemein schlichte aber schöne und wahre Stücke, bei denen man schon das Gemüt eines Steins haben muss, damit sie einen gänzlich unberührt lassen.

Mein Dank geht im übrigen auch an Dan’iel van den Berg, der mir einige gute Bilder zur Verfügung stellte. Ich selbst war kameratechnisch etwas schwach aufgestellt. Auf Facebook gibt’s noch mehr Bilder von ihm.

 

 

 

 


1 comment

  1. Jasmin81 Januar 21, 2013 3:42 pm  Antworten

    Eine sehr interessante Fusion aus verschiedenen Musikrichtungen, die es noch zu definieren gilt. Alles in allem kann ich behaupten, dass das den Geschmack der Breiten Masse durchaus trifft. Bemerkenswert finde ich, dass die junge Amerikanerin hauptsächlich mit ihrem Youtube-Channel da angelangt ist, wo sie heute steht und man kann ihr auch nur weiterhin viel Erfolg bei ihrer Karriere wünschen.

    Lindsey Stirling: Rave-Rock für Millionen

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