Es gibt Themen die zwar immer wieder präsent sind, aber von vielen nur mit einem vagen Bild assoziiert werden. Autismus und besonders Autismus mit dem Asperger-Syndrom ist so ein Begriff, der immer wieder peinliche Vorsicht und Unsicherheit auslöst. Daniela Schreiter, selbst Asperger-Autistin, macht das beste daraus und erzählt ihre eigene Geschichte.
Unter ihrem Pseudonym Fuchskind veröffentlicht Daniela Schreiter seit mehreren Jahren auf ihrer Webseite Cartoons und kurze Comicstrips. Neben Kommentaren zum politischen Geschehen in der Welt und schlichten Gags sind auch immer wieder Anekdoten aus ihrem Leben dabei, die das Thema Asperger-Autismus auf kluge und gern auch mal etwas freche Weise pointieren.
Mit Schattenspringer liegt nun der erste Band ihrer eigenen Comic-Biographie vor. Ein zweiter Band ist schon in Vorbereitung und wird im Mai erscheinen. Auf 160 Seiten nimmt sich die Autorin Zeit um dem Leser Einblicke in ihr Leben zu geben. Dabei schafft Fuchskind es den Erklärbär zu geben, ohne dogmatisch oder gar rechthaberisch zu wirken. Sie reduziert ihre Darstellung auf ihre Sichtweise auf die Welt und ergänzt diese um eingängige Erklärungen die jede Scheu vor dem Thema überflüssig machen.
Es wird schnell klar, unabhängig davon dass Fuchskind diese Tatsache selbst öfters betont, dass es nicht den einen Asperger-Autismus gibt, oder dass man nach der Lektüre dieses Buches auf einmal jeden Betroffenen verstehen kann. Es ist und bleibt ihre eigene Geschichte. Das ändert aber nichts daran, dass sie hervorragende Erklärungen formulieren und zeichnen kann, die helfen sich in ihre Lage zu versetzen. Manchmal wird die Erzählung etwas textlastig, aber dafür besitzt jedes der fünf Kapitel einen sehr runden und packenden Erzählstrang.
Ihr lockerer Zeichenstil bietet eine gute Bühne für die Darstellung ihres Lebens und lässt dank einem Verzicht auf zu viele Details zum Einen Raum für den manchmal nötigen Text, zum Anderen aber vor allem, um auf den ersten Blick scheinbar banale Feststellungen für sich allein wirken zu lassen. Die biographische Form spielt hier ihre Vorteile, zum Beispiel gegenüber den Episodenhaften Interviews wie man sie aus Ach, so ist das!? kennt, voll aus. Immer wieder baut sie auf schon vorgestellten Eigenarten und Marotten auf und schlägt so Brücken die den Leser langsam und bedächtig an das Thema heranführen und dann immer mehr Mosaiksteinchen zum Gesamtbild hinzufügen. Am Ende bleibt ein erneuertes Bewußtsein dafür, wie extrem unterschiedlich Wahrnehmungen sein können.
In dieser Hinsicht kann Schattenspringer zweifellos am meisten punkten. Man spürt beim Lesen die extremen Unterschiede in der Wahrnehmung der Welt. Es wird einem bewusst dass nicht nur Daniela Schreiter eine eine ganz andere Wahrnehmung der Welt besitzt, sondern ein jeder Mensch, ob nun Autist oder nicht. Im Versuch die Diversifizierung im Autismus zu erklären spricht sie von einem Spektrum das die Bandbreite der möglichen Formen von Autismus darstellt. Auch jeder Nicht-Autist hat eine andere Wahrnehmung der Welt und genau wie der Autist kämpft auch jeder andere Mensch immer wieder mit den Missverständnissen und Irritationen die sich durch die Unterschiedlichen Warhnehmungen ergeben, nur eben auf einem viel einfacheren Schwierigkeitsgrad. Wir haben also eine ganz vage Ahnung von den Mühen mit denen Autisten im Alltag zu kämpfen haben. Wenn jeder Leser sich nur immer wieder daran erinnert, wäre vermutlich schon viel getan um Ihnen und damit auch uns das Miteinander zu erleichtern.
Am Ende bleibt das Gefühl endlich mehr mit dem Begriff Autismus anfangen zu können und ganz nebenbei die Frage, wie es denn weitergeht. Denn obwohl Schattenspringer mit 160 Seiten nicht gerade dünn daherkommt, ist es dann doch viel zu schnell ausgelesen und zu viele weitere unterhaltsame und aufklärende Episoden aus Danielas Leben bleiben unerzählt. Naja, zumindest bis zum Mai…
Daniela Schreiter – Schattenspringer
Panini
160 Seiten
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Text Copyright 2015 Alexander Lachwitz
Artwork Copyright Daniela Schreiter – Panini